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Reifen & Co

Die Anforderungen an die Reifen auf unseren Touren in Südamerika sind anders als in Europa, wo Grip bei Schräglagen, Haftung bei Nässe oder kalten Temperaturen zählen. Auf harten Bergpisten ist zäher Gummi gefragt, wenn’s regnet, muss Grip und eine gewisse Selbstreinigung da sein, im eher seltenen Sand soll es vorwärts gehen, und auf rauem, mit Schlaglöchern garniertem Asphalt soll das Profil nicht zu schnell schwinden. Selbstverständlich sollen dem Reifen spitze Steine und Dornen nichts anhaben. Gefragt ist also ein in der Karkasse robuster Enduroreifen mit ausreichend Negativprofil.
Insbesondere unsere Patagonientouren mit Schotteranteilen von 50%  und mehr, stellen extreme Anforderungen an die Haltbarkeit der Reifen.
Straßenorientierte Hochgeschwindigkeits-Enduroreifen sind wenig geeignet, denn ein ordentlicher Sturzregen kann auch gute Pisten sehr schnell in gröbstes Geläuf verwandeln. Rallyereifen mit extrem hohem Negativprofil bieten zwar beste Traktion auf losem Untergrund,  jedoch meist nur bescheidene Lebensdauer und Fahreigenschaften auf der Straße. Sandreifen vom Schlage eines Michelin Dessert sind nicht erforderlich.

Unsere aktuellen Favoriten:
Der Heidenau Scout K 60 mit seinen sehr guten Allround-Fahreigenschaften in Kombination mit großer Langlebigkeit. Beim Profilvergleich am Ende unserer Touren schneidet er regelmäßig besser ab, als alle anderen Reifen, mit Ausnahme vom Mitas (s.u.). Lediglich sein Abrollgeräusch ist bei bestimmten Geschwindigkeiten etwas nervig.

Nach den Erfahrungen von Langzeitreisenden noch langlebiger, und ebenfalls sehr gut auf Schotter und Straße ist der weniger bekannte (gleichwohl problemlos beim Reifenhändler erhältliche) Reifen Mitas E 07. Im Vergleich zum Heidenau hat der Hinterreifen eine schmalere Mittelrippe und etwas gröbereres Profil, was sich unter feuchten Bedingungen als Vorteil erweisen dürfte. Wir fahren derzeit die Version „Dakar“ des Mitas E 07 mit verstärkter Karkasse (gelber Streifen auf der Lauffläche),  erhältlich allerdings nur bis zur Breite 150 mm. Der E 10 für noch stärkere Reiseenduros ist bzgl. Profilform und Langlebigkeit nicht vergleichbar.

Bei Reifen des gleichen Typs unterscheidet sich die Profilgestaltung je nach Reifendimension zum Teil erheblich: beim Heidenau gibt es bei den größeren Dimensionen eine für die Lebensdauer und den Abrollkomfort förderliche, aber für die Selbstreinigung weniger günstige umlaufende Mittelrippe.  Hat der TKC 80 als 130iger noch zwei für die Selbstreinigung hilfreiche kleinflächige Doppelquadrate in der Reifenmitte, sind diese ab dem 150iger durch große Einzelquadrate ersetzt, die der Power von Großenduros länger standhalten, andererseits aber den Offroad-Grip reduzieren.


Im Laufe der letzten 2-3 Jahre ist eine Reihe von Enduro-Reifen neu auf den Markt gekommen, die für den Einsatz auf unseren Touren gut geeignet sein könnten. Leider findet man seitens der Hersteller kaum  Angaben zur Laufleistung bei gemischtem Einsatz auf Pisten und Asphalt. Wir haben daher die interessantesten Neuerscheinungen schwerpunktmäßig auf einer Triumph Scrambler 1200 XE (Reifendimension 90/90-21 54H  bzw. 150/70R17 69V), sowie auf einer BMW F 650 Dakar getestet. Während die sanftmütige Leistungsentfaltung der BMW F 650 recht reifenschonend ist, trennt die Triumph mit ihrem satten Drehmoment von unten raus die Spreu vom Weizen. Angesichts von Tourlängen um die 7000 km mit Schotteranteilen von 15-50 % sind für unsere Südamerikareisen die Kriterien Langlebigkeit und Vielseitigkeit entscheidend – auf Asphalt machen inzwischen auch die grob profilierten Neuerscheinungen eine recht gute Figur.
Referenz sind für unsere Touren  nach wie vor der Heidenau Scout K 60 und der Mitas E 07 plus Dakar (das ist eine etwas härtere Version, zu erkennen am gelben Längsstreifen).

Unsere Erfahrungen kurz zusammengefasst:
Pirelli Scorpion Rally STR: guter Grip auf Straße und auf Schotter, prima Allroundreifen, aber nach 6000 km war der Wechsel fällig – für unsere Touren hart an der Grenze bezüglich Langlebigkeit.
Conti TKC 70 vorne mit Conti TKC 70 „Rocks“ hinten:  gute Allroundeigenschaften, exzellenter Grip am Hinterrad. Auf feuchten Erdpisten setzt das relativ feine Profil des Vorderreifens allerdings leicht zu. Der Reifen ist sehr langlebig, der Wechsel efolgte nach 9000 km mit Restprofil.
Aktuell ist ein Heidenau K 60 Ranger montiert, der grobe Bruder des bewährten K 60 Scout, hier auch im Breitformat ohne Mittelrippe. Fährt sich auf Asphalt trotz des sehr groben Profils erstaunlich gut, und das beim Scout etwas nervige Abrollgeräusch zwischen 90 und 120 km/h ist weniger ausgeprägt. Bei den bisher noch seltenen Geländeeinsätzen funktionierte er sehr gut. Nach inzwischen 5000 km, vorwiegend auf Asphalt, scheint er jetzt etwas schneller abzubauen, dürfte die 7000 km aber erreichen. Bei lockerer Gashand und viel Drehmoment könnte der Gummi knapp werden auf unseren Touren. 
Der Metzeler Karoo 4 ist Kandidat für den nächsten Reifenwechsel

Ersatzreifen:
Bei halbwegs kultivierter Fahrweise reicht ein zu  Tourbeginn neuer Reifensatz auf dem Motorrad für die gesamte Tour. Ersatzreifen transportieren wir auf dem Dachgepäckträger des Tourfahrzeugs, aber der zur Verfügung stehende Platz ist limitiert. Ersatzreifen benötigen wir vor allem für eher selten auftretendene Karkassenschäden. Daher reicht es auch, wenn sich 2 Teilnehmer mit gleichem Reifentyp auf dem Motorrad ein Ersatzreifenpaar teilen! Wer eine Doppeltour mitmacht, kann selbstverständlich einen kompletten Reifensatz mitnehmen.

Neukauf vor Ort:
Reifen für große Enduros sind nur in größeren Städten zu bekommen, und dort auch nicht immer. In Chile am ehesten, in Argentinien aufgrund der Importbeschränkungen weniger, in Bolivien gar nicht. Die Reifenpreise in Chile lagen zuletzt etwa 50% über denen in Deutschland.

Schläuche: Motocrossläden und Motorradfachgeschäfte führen oft verstärkte Schläuche, z.B. von Heidenau. Der Gummi ist dicker und resistenter gegen Dornen etc. als die üblichen.

Moosgummieinsätze
bieten im Prinzip den besten Schutz gegen Reifenpannen, sind jedoch nur in wenigen Dimensionen verfügbar, und kommen daher auf unseren Touren nur selten zum Einsatz. 

Schlauchlose Reifen: Für Reifen ohne Schlauch muss man das  passende Flickzeug und Werkzeug dabei haben (Gummiwürste oder -pilze, Kleber, Aale zum Durchziehen). Sie beschleunigen und erleichtern die Behebung von Reifenpannen erheblich. Ersatzschläuche am Motorrad helfen auch hier bei einem starken Schlag in der Felge (führt oft zu mangelnder Abdichtung), bei größeren Verletzungen der Reifenkarkasse, die mit den Gummiwürsten nicht mehr abzudichten sind.

Flickzeug:
Ein Reifenflickset, 3 Montiereisen (2 davon lang), und eine gute Luftpumpe sollten immer am Motorrad sein, in Fahrgruppen muss aber nicht jeder Fahrer Montiereisen mitführen. Diese haben 2 unterschiedlich geformte Enden, das mit der Nase zum Montieren, das flache Ende zum Demontieren. Bei Verwechslung gibt es die typischen  Doppellöcher durch Einzwicken des Schlauchs an der Felge!

Luftpumpen:
Es gibt gute Handluftpumpen, mit denen man durchaus einen Motorrad-Hinterreifen aufpumpen kann,  weniger geeignet  sind Fußluftpumpen, die den Sand vom Boden ansaugen. Minikompressoren, die man über das Bordnetz des Motorrads betreiben kann, erleichtern eine Reifenreparatur erheblich. Für größere Aktionen ist im Begleitfahrzeug einen Kompressor  vorhanden.

Luftpatronen:
sind bequem zu handhaben, und sehr hilfreich, wenn z.B. ein Schlauchlosreifen oder ein Reifen steifer Karkasse schwer auf das Felgenhorn geht. Ein umlaufend angelegter Ratschengurt verhindert seitliches Entweichen der Luft am Felgenrand beim Ansetzen der Patronen. Wichtig: häufig behindern die Bremsscheiben das Ansetzen der Patronen, daher darauf achten, dass im Reparaturset ein flexibles oder im 90°-Winkel geformtes Zwischenstück zum Ansetzen am Ventil vorhanden ist!
Etwas Montagepaste in einem guten alten Filmdöschen erleichtert das Aufziehen des Reifens, Duschgel tut’s aber ersatzweise auch.

Übung
macht den Meister! Wenn Ihr noch nie selbst einen Reifen von Hand gewechselt habt, fragt den Reifenhändler Eures Vertrauens doch mal , ob Ihr beim Wechseln vor der Motorradverladung mal selbst Hand anlegen dürft (mit Montiereisen, ohne Maschine).
Auf unseren Touren von über 7000 km Länge werden definitiv etliche Teilnehmer einen Platten haben, und nicht immer findet sich eine „Gomeria“ oder „Vulcanisación“ am Straßenrand gleich nebenan …!nach oben